SPD-Haushaltsrede 2024

SPD-Haushaltsrede 2024

SPD-Fraktionsvorsitzender Jens Voß

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Ratsmitglieder, meine Damen und Herren, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Dieses Sprichwort gilt für das Leben allgemein, für manches Projekt in Lüdenscheid und ganz gewiss auch für den städtischen Haushalt. Denn nachdem es für das Haushaltsjahr 2023 gelungen war, nach einem Jahrzehnt mannigfacher Einsparungen sowie Steuer-, Gebühren- und Beitragserhöhungen die Haushaltssicherung zu verlassen, wird der heute zu verabschiedende Doppelhaushalt 2024/2025 wieder einer mit Haushaltssicherungskonzept sein. Das hatten wir uns, verehrte Ratsmitglieder wahrhaft anders vorgestellt.

Dabei sind die Belastungen, die uns die Enden schon planerisch nicht zusammenkriegen lassen, von uns leider nicht oder kaum beeinflussbar. lm Einzelnen seien sie nur noch einmal stichwortartig genannt:

  • Das Auslaufen der lsolierungsmöglichkeit der Kosten infolge von Pandemie und Ukraine-Krieg
  • Die stark ansteigende Kreisumlage
  • Die höheren Personalaufwendungen infolge der deutlichen Tarifsteigerungen
  • Niedrigere Schlüsselzuweisungen
  • Der Rückgang des Gemeindeanteils an der Einkommenssteuer
  • Der steigende städtische Finanzierungsanteil an den Kibiz-Pauschalen infolge der deutlichen Dynamisierung der Kibiz-Pauschalen
  • Höhere Asylbewerberleistungen
  • Höhere Zinsaufwendungen für Investitionskredite und mittelfristig zur Liquiditätssicherung
  • Mittelfristig steigende bilanzielle Abschreibungen angesichts wachsender Investitionsbedarfe

Sowie

  • Die noch fortdauernden Belastungen infolge der Sperrung der A 45.

Daran erkennt man: Das Grundübel ist die seit Jahrzehnten völlig unzureichende Ausstattung der Städte und Gemeinden mit finanziellen Mitteln durch Bund und Land. Hierdurch wird das Selbstverwaltungsrecht der Städte und Gemeinden konterkariert, ja in realiter ad absurdum geführt. Nun bin ich kein Jurist, aber würde seitens des Deutschen Städtetages oder des Städte- und Gemeindebundes eine solche auskömmliche Finanzierung mal eingeklagt, so glaube ich, dass eine solche Klage angesichts des faktisch weitgehenden Aushebens des Selbstverwaltungsrechts nicht völlig chancenlos wäre.

Doch die Situation ist jetzt wie sie nun mal ist. Alles Bedauern nützt nichts. Wir müssen uns ihr stellen. Und wir tun dies, indem wir uns wieder mit Hilfe eines Haushaltssicherungskonzepts auf den Weg machen, in spätestens zehn Jahren zu einem auch schon planerisch ausgeglichenen Haushalt zu kommen.

Ich begrüße es ausdrücklich, dass es hierzu im Rat eine breite Mehrheit gibt. Das Angebot des Landes, aufgrund bestimmter Parameter diesen Schritt zunächst nicht tun zu müssen, um irgendwie hinter den Kommunalwahltermin im nächsten Jahr oder gar hinter den nächsten Landtagswahltermin zu kommen, ist aus wahltaktischen Überlegungen der Landesregierung zwar nachvollziehbar, hätte uns aber keinen Cent mehr in die Kasse gebracht, ab 2026 aber einen umso härteren Konsolidierungskurs abverlangt. Dann lieber jetzt schon gegensteuern. Denn wie die Vergangenheit gezeigt hat: Wir können HSK.

Auch die zurückliegenden Jahre waren trotz Haushaltssicherung keine Jahre des Stillstands. Niemals haben wir den Gestaltungsanspruch trotz knapper Kasse für unsere Stadt aufgegeben und werden das auch jetzt nicht tun.

So werden wie geplant erhebliche Mittel in unsere Sicherheit gesteckt. Die Bautätigkeiten für die neue Feuer- und Rettungswache an der Wiesenstraße werden schon bald zu sehen sein. Parallel erfolgen die vorbereitenden Arbeiten für die Neuerrichtung der Feuerwehrgerätehäuser der Löschzüge Stadtmitte, Oberrahmede, Homert und Brüninghausen. Der Kommunale Ordnungsdienst befindet sich personell und technisch im Aufbau. Nach und nach - manches wünschte man sich allerdings auch mal schneller – werden deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anhand ihrer blauen Uniformen in der Stadt vermehrt sichtbar und ansprechbar sein. Und wer trotz roter Ampel demnächst bestimmte Kreuzungen passiert, womöglich sogar mit mehr als 50 km/h, bekommt dies geldlich und punktemäßig zu spüren, und das ist gut so.

In der Alt- und Oberstadt geht die Sanierung ihrem Ende entgegen. Die letzten Pflasterarbeiten in der unteren Wilhelmstraße laufen. Was dann noch fehlt ist eine Beleuchtung, die sowohl ästhetischen Gesichtspunkten als auch dem Sicherheitsaspekt Rechnung trägt. Für Planung und Ausführung sind entsprechende Mittel im Haushalt eingestellt.

Jahrelang war schon im Übrigen auch eine bessere Ausleuchtung des Rathausplatzes gefordert worden. Bei einem Blick aus den Ratssaalfenstern sieht man, dass diesem Ansinnen mit dem Aufbau von Lichtstelen entlang des Platanenhains nun Rechnung getragen wird.

Des Weiteren erfährt der Kulturhausgarten eine attraktive Neugestaltung. Mit der Erneuerung des Kleinspielfeldes und dem Bau des Pump-Tracks geht es los. Doch auch ein Kinderspielplatz und ein Wasserspiel werden nach Fertigstellung vorhanden sein. Bleibt zu hoffen, dass es dann auch noch gelingt, bei einem so attraktiven Umfeld die verwaiste Kulturhaus Gastronomie wieder zu beleben.

Apropos Wiederbelebung: Manches Geschäft in der Wilhelmstraße, aber auch im Stern-Center, müsste mit attraktiven Warenangeboten wieder belebt werden. Was nützt die schönste Innenstadt, wenn man entlang abgeklebter Schaufenster flaniert? Die Hinweise auf die gesperrte A 45 sowie den Online-Handel als Erklärung sind zwar nachvollziehbar. Doch gibt es auch Städte unserer Größenordnung, in denen ein kleinteiliger stationärer Einzelhandel trotz Online-Handels funktioniert. Sich dieses Themas anzunehmen, sehe ich als eine bedeutende Aufgabe der neu gegründeten Stadtentwicklungsgesellschaft.

Und was für die Geschäfte der Innenstadt gilt, gilt in ähnlicher Weise für unseren Wochenmarkt. Altere unter uns können sich sicherlich noch daran erinnern, dass der Rathausplatz einst nicht ausreichte, alle Händlerinnen und Händler zumindest samstags dort unterzubringen. Vom Sternplatz bis zur Knapper Straße reichten zusätzliche Stände. Gemessen daran ist unser Markt derzeit leider nur noch ein Schatten seiner selbst.

Großes Potential hat das Gelände, auf dem derzeit noch das Forum steht. Mit großem Verhandlungsgeschick ist es unserem Bürgermeister und der Stadtverwaltung gelungen, den Komplex im vorigen Jahr käuflich zu erwerben. Damit hat die Stadt die Möglichkeit, die Art der Nachnutzung wesentlich mit zu bestimmen. Und dies soll, wie zugesagt, auch mit einer Bürgerbeteiligung passieren, die diesen Namen auch verdient.

Komplettiert wird die positive Entwicklung unserer Stadt durch das Ansinnen der neuen Geschäftsführer des Hauses Peek & Cloppenburg, ihr Grundstück an der Wilhelmstraße Ecke Altenaer Straße neu zu gestalten. So dies zum Tragen kommt, würden auch an dieser Stelle abgeklebte, wenn auch künstlerisch gestaltete Schaufenster der Vergangenheit angehören und es zu einer Belebung der Innenstadt kommen.

Wahrhaft stolz können wir darauf sein, dass wir bereits im nächsten Jahr eine 100prozentige Abdeckung des Bedarfs an Ü3-Plätzen in den Kindertageseinrichtungen unserer Stadt erreichen. Dies können nur wenige Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen zum jetzigen Zeitpunkt vorweisen. Dies ist das Ergebnis einer Politik, in der Kinder und Jugendliche stets im Fokus standen und verschiedene Bereiche der Stadtverwaltung gut Hand in Hand arbeiten.

Das sieht man auch an unseren Schulen, in die stets mehr Geld investiert wurde, als Schulpauschalmittel vom Land der Stadt Lüdenscheid überwiesen wurden. Natürlich kann man immer alles noch besser ausstatten. Aber auch im Vergleich mit anderen Städten stehen wir gut dar.

Und wenn es dann doch mal zu Schulsanierungen kommen muss, wie jetzt an der Westschule, sind wir in der Lage, alte Schulgebäude für den Zeitraum der notwendigen Arbeiten zu reaktivieren. In Bezug auf die Westschule ist das das Gebäude der ehemaligen Grundschule Kalve. In Bezug auf die Lösenbacher Grundschule ist das das Gebäude der ehemaligen Albert-Schweitzer-Hauptschule. Insbesondere die schnelle Sicherstellung des Unterrichts nach der plötzlichen Schließung der Westschule zunächst im LIBZ und dann ab Mitte nächsten Monats an der Kalve ist aller Ehren wert. Und ich bin sicher, auch hinsichtlich der gesperrten Turnhalle an der Adolf-Reichwein Gesamtschule wird es für alle Betroffenen eine Lösung geben.

Des Weiteren erfüllt uns mit Stolz, dass es gelungen ist, ein TUMO-Lernzentrum nach Lüdenscheid zu bekommen. In diesem Zentrum bekommen unsere Kinder und Jugendliche die Chance, sich in unterschiedlichen Anwendungsbereichen mit Digitalisierung vertraut zu machen und sich abseits des Schulalltags auf diesem Gebiet fortzubilden. Auf der ganzen Welt gibt es diese Zentren stets nur in Haupt oder Großstädten - und demnächst eben auch in Lüdenscheid.

Zu den Investitionen für Kinder zählen ferner die Instandhaltungen unserer Kinderspielplätze. In den Haushalt eingestellt sind Gelder für die Erstellung eines neuen Spielplatzkonzeptes für die gesamte Stadt Lüdenscheid. Bis zu seiner Fertigstellung, bzw. bis zu Bautätigkeiten infolge dieses Konzepts werden allerdings noch zwei bis drei Jahre ins Land gehen. Zu lange, wie wir meinen, um nicht bis dahin schon den einen oder anderen öden Spielplatz, in deren Umfeld aber besonders viele Kinder wohnen, durch ein größeres Spielgerät attraktiver zu machen. Deshalb hat die SPD zusammen mit ihren Partnern Bündnis 90 / Die Grünen und FDP dafür gesorgt, dass in diesem Jahr hierfür 50.000 Euro und im nächsten Jahr 150.000 Euro im Haushalt bereitgestellt werden.

Ein unverhoffter Geldsegen erreichte uns in Form einer Förderzusage zur Ertüchtigung der Jahnhalle. Skaten soll dort wie einst möglich sein, der Raum aber auch für Jugendkulturveranstaltungen genutzt werden können. Die SPD plädiert dafür, sich diese Chance nicht entgehen zu lassen, trotz des zusätzlich zu tragenden Eigenanteils bei angespannter Haushaltslage.

Ein wichtiger Teil der Kinder- und Jugendarbeit wird auch in den zahlreichen Lüdenscheider Sportvereinen jede Woche erbracht. Deshalb war es richtig, das vorgelegte Haushaltssicherungskonzept in dem Punkt zu korrigieren, wo es um eine Kürzung der Übungsleiterpauschalen für die bisher geförderten Vereine durch Aufnahme der wassergebundenen Sportarten in diesen Förderbereich ging.

Eine neue Attraktion für Kinder und Jugendliche entsteht in Form eines ersten Mountainbike-Trails in der Nurre. Man darf gespannt sein, wie er nach Fertigstellung angenommen wird. Dagegen harrt ein Discgolf-Parkour noch seiner Realisierung.

Auch noch nicht realisiert wurden neue Wohnmobil Stellplätze, die möglichst innenstadtnah und nicht an einer Hauptstraße wie an der Talstraße gelegen sein sollten. Hier erwartet die SPD allerdings in diesem Jahr seitens der Stadtverwaltung ein entsprechendes Vorankommen.

Apropos Straßen: Diese sind in Lüdenscheid in vielen Bereichen in einem schlechten Zustand. Gut, dass es gelingt, eine lnstandhaltungsrückstellung aus dem Überschuss des Jahres 2023 zu bilden, um dann nach Feststellung des Jahresabschlusses 2023 Gelder für Straßenreparaturen zur Verfügung zu haben.

Doch nicht alle Lüdenscheider Straßen sind in der Straßenbaulast der Stadt. Die Hauptverkehrsadern sind Angelegenheit von Straßen NRW. insbesondere durch die Sperrung der A 45 sind sie besonders stark beansprucht und weisen deutliche Schäden auf. Hier muss das Land wesentlich mehr für deren Erhalt tun.

Das Gleiche gilt beim Rathaustunnel. Dessen Sanierung ist ja inzwischen eine nahezu unendliche Geschichte und für das Land alles andere als eine Zierde, ganz im Gegenteil, meines Erachtens ist es für das Land höchst peinlich.

Angesichts dessen darf man gespannt sein, wie nach endlich zehn Jahren in diesem Jahr die Sanierung der Platehofstraße in Brüninghausen von statten geht. Und ob es tatsächlich nach Sperrung für Fahrräder und Motorräder und einem Tempolimit von 20 km/h zur Sanierung der Silbergstraße, einer Landstraße wohlgemerkt, kommt. Ansonsten bliebe aber ja auch nur noch die Sperrung der Silbergstraße mit Ausnahme für die Bewohner der zwei anliegenden Häuser. - Und sollten Sie hier eine Spur Sarkasmus bei mir ausmachen, so kann ich Ihnen versichern, irren Sie nicht.

Dagegen ist sehr erfreulich, wie viele Aktivitäten in Lüdenscheid das gesellschaftliche Leben nach der Corona-Pandemie inzwischen wieder bereichern. Neben manch anderen Akteuren werden sie oft auch vom Team der Lüdenscheider Stadtmarketing GmbH unter der Leitung von Philipp Nieland organisiert. Exemplarisch seien nur das Bautzfestival, das Stadtfest und der Weihnachtsmarkt mit Eisbahn genannt. Außerdem dürfen wir uns nach längerer Durststrecke auch wieder auf die Lichtrouten freuen oder auf die Nacht der Kultur, deren Durchführung Kulturausschussvorsitzender Dominik Hass angeregt hatte und die zweimal riesigen Zulauf erfuhr. Zudem gibt es anlässlich der Fußballeuropameisterschaft der Männer im Sommer wieder Public Viewing.

Aus dem Museum ist zu berichten, dass die Realisierung der neuen Dauerausstellung auf die Zielgerade eingebogen ist. Lange genug haben wir seitens des Landes aber auch auf den zugesagten Förderbescheid gewartet. Auf ihre Eröffnung dürfen wir uns noch vor Ende dieser Wahlperiode freuen.

Eine weitere Verbesserung gibt es auch in der Städtischen Musikschule. Für deren Musiksaal wird noch in diesem Jahr ein Akustik-Gutachten erstellt. Die aus diesem Gutachten abgeleiteten baulichen Maßnahmen werden den Musizier- und Hörgenuss noch einmal deutlich steigern. Zudem wird die Aula des Geschwister Scholl-Gymnasiums grundständig renoviert, die ja bekanntlich mit ihrer großen Bühne ebenfalls für manche kulturelle Aufführung genutzt werden kann.

Alle diese Maßnahmen sind im Doppelhaushalt 2024/2025 etatisiert. Es zeigt, dass trotz Haushaltssicherung in Lüdenscheid kein Stillstand herrscht, ganz im Gegenteil. Trotz gesperrter A 45, trotz Haushaltssicherung, Lüdenscheid ist und bleibt eine lebendige Stadt.

Ich komme zum Schluss.

Ganz herzlich bedanke ich mich bei all denen, die zur Aufstellung des Doppelhaushalts 2024/2025 mit Haushaltsplan, Stellenplan, Haushaltssatzung und Haushaltssicherungskonzept beigetragen haben, also bei Kämmerer Sven Haarhaus und allen Mitarbeite rinnen und Mitarbeitern der Kämmerei. Der Tatsache, bei diesen intensiven und teilweise auch kontrovers geführten Beratungen und bei der Fülle von abweichenden Beschlüssen in den Fachausschüssen stets den Überblick behalten und zugleich lösungsorientiert Finanzierungsvorschläge erarbeitet zu haben, zolle ich großen Respekt.

Und allen hier im Ratssaal sage ich herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche uns und unserer Stadt Glück auf.